Anonyme Beisetzung besser dreimal überdenken

Gastbeitrag des Trauerredners Dirk R. Schuchardt

Quelle: Aeternitas e.V. www.aeternitas.de

 

Der Wunsch, eines Tages "anonym" beigesetzt zu werden, wird gerne von lebensälteren Menschen geäußert. Auch eine Trauerfeier sei nicht nötig. Woher kommt aber der Wunsch keine Grabstätte zu errichten, an denen Hinterbliebene trauern können?

Oft wird dieser Wunsch aus der Lebenserfahrung geäußert. Wie war das denn mit den eigenen Eltern? Ein edler Eichenholzsarg und ein Erddoppelwahlgrab war quasi der "Standard" und ging ins Geld. Eine kostengünstige Urnenbeisetzung war verpönt und zumindest von der katholischen Kirche erst seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962 bis 1965) "gestattet". Und dann die Last der Grabpflege über viele Jahre bei Wind und Wetter. Nein, diese Belastungen möchte man den eigenen Kindern einfach nicht zumuten.

Und auf der anderen Seite? Tatsächlich scheint der Wunsch nach einer "anonymen" Beerdigung auf fruchtbaren Boden zu fallen. Kinder, die nicht mehr am Heimatort wohnen, können und wollen die Grabpflege einfach nicht leisten. Die durchschnittlichen 4.000 bis 5.000 Euro, die eine Beerdigung kostet, können viele seit dem Wegfall des Sterbegeldes nicht einfach so aufbringen. Auch scheint der Friedhof als Ort der Trauer und der Trauerbewältigung in der Generation Smartphone seine Bedeutung verloren zu haben.

Doch wenn ein geliebter Mensch für immer gegangen ist, fehlt plötzlich ein Grab, welches man besuchen, auf dem man Blumen ablegen oder Gedenkkerzen entzünden kann. Das ein Ort für die Trauer fehlt, fällt erst dann auf, wenn die anonyme Beisetzung erfolgt ist. Denn anonym bedeutet eben "ohne Namen" bzw. "ohne Kennzeichnung". Auch wenn Bestatter mit Engelszungen auf ihre Kunden einreden, setzen die Hinterbliebenen den Bestattungswunsch des Verstorbenen 1:1 um - und bereuen diese Entscheidung hinterher ein Leben lang.

Es mag gute Gründe für eine anonyme Bestattung geben: Bestattungsverpflichtete, die mit dem Verstorbenen keine emotionale Verbindung (mehr) haben, oder Verstorbene, die keine Kinder oder keinen Partner haben, entscheiden sich ganz bewusst für die anonyme Beisetzung. Doch oft steckt hinter einer "anonymen" Beisetzung nur ein Missverständnis.

 

1. Reden hilft

Die Generationen müssen viel früher und deutlicher miteinander ins Gespräch über die Frage kommen, wie man sich eine Bestattung vorstellt. Dabei muss man allerdings eine klare Sprache sprechen und die Intention des Bestattungswunsches hinterfragen. Wer "anonym" sagt, meint oft, dass man mit der Beerdigung die Kosten so gering wie möglich halten möchte und man der Familie die jahrelange und mühevolle Grabpflege ersparen will.

 

2. Sich umfassend über die Grabarten informieren

Bestattungen sind ein Geschäft wie jedes andere auch. Daher sollte man schon in gesunden Tagen und mit klarem Kopf zu einem Bestattungsunternehmen gehen und sich über Bestattungsarten beraten lassen. Zwischen Weltraumbestattung und Anonym gibt es mannigfaltige Möglichkeiten. Wer sich für See- oder Ballonbestattungen entscheidet, weiß eben, dass es, wie bei anonymen Beisetzungen auch, keine Anlaufstelle für die Trauer gibt. Auch Bestattungen im Friedwald sind zuweilen tückisch, da sie nicht spontan und bei jeder Witterung besucht werden können.

 

3. Kompromisse suchen

Prallen innerhalb der Familie Gegensätze aufeinander, weil beispielsweise der eine Teil das Einzel-Erdgrab mit Sargbestattung und der andere Teil eine anonyme Beisetzung wünscht, kann eine Urnenbeisetzung in einer pflegefreien "Urnengemeinschaftsanlage" (UGA) ein für alle Seiten tragfähiger Kompromiss sein. Hier werden an einer zentralen Stelle nur die Namen, aber keine Lebensdaten vermerkt.

 

4. Häusliche Gedenkstätten

Es gibt Grabarten, bei denen die Ablage von Grabschmuck verboten oder wie im Fall von anonymen Beisetzungen unmöglich ist. Wer mit offenen Augen über den Friedhof geht, sieht, dass Hinterbliebene oft versuchen, dieses Verbot zu umgehen. Letztendlich zeigen sie damit, dass die von ihnen gewählte Grabart nicht die richtige war und der Prozess der Trauerbewältigung gestört ist. Alternativ können kleine "Hausaltäre", also Gedenkstätten im Wohnzimmer oder Garten, ein Weg sein, seiner Trauer auch dann einen Ort zu geben, wenn die sterblichen Überreste hier nicht begraben sind. In extremen Fällen sollte man sich nicht scheuen, Hilfe von Trauerbegleitern oder Psychologen in Anspruch zu nehmen.

Die BOLLERMANN Erfahrung:

In guten Zeiten über den Tod, die Bestattung und den Grabstein oder das Grabmal zu sprechen, ist zwar nicht leicht, erweist sich aber später oftmals als richtig. Somit wird man nicht von diesm Thema überfahren, wenn es unmittelbar vor der eigenen Türe steht. Wir Menschen haben die Eigenschaft sämtliche “unsicheren Lebensereignisse” möglichst sicher zu planen, obwohl im Leben definitiv nur zwei Ereignisse zu 100% sicher sind: geboren zu werden und zu sterben.

Jegliche Art von Bestattung kann passend sein, wenn diese gut überlegt ist.

Unsere Erfahrungen bei anonymen Beisetzungen, Wiesengräbern und Baumgräbern sind so, dass diese Art des Grabes zwar für Viele sehr praktisch erscheint und sich auch romantisch anhört, jedoch werden diese Bestattungsarten oft falsch vermittelt bzw. erklärt. Manchen Hinterbliebenen ist bei der Entscheidung nicht bewusst, dass oftmals strenge Regeln gelten und am Grab weder etwas abgelegt werden, noch ein Grabstein oder ein Grabmal aufgestellt werden darf. In diesem Fall wird den Menschen erst dann bewusst, welche Bedeutung ein Grabstein oder Grabmal haben kann.

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